Redaktion: Guten Tag, Herr Reime. Wir möchten heute einige Aspekte der Gläubigerversammlung und des Gläubigerausschusses im schweizerischen Konkursrecht erörtern. Beginnen wir mit der ersten Gläubigerversammlung. Können Sie uns erklären, wie diese konstituiert wird und wie die Beschlussfähigkeit festgestellt wird?
RA Jens Reime: Natürlich, die erste Gläubigerversammlung ist ein wesentliches Organ im Konkursverfahren. Gemäß Artikel 235 des schweizerischen Konkursrechts leitet ein Konkursbeamter die Versammlung und bildet zusammen mit zwei von ihm ausgewählten Gläubigern das Büro. Dieses Büro ist dann für die organisatorischen Aspekte der Versammlung zuständig, einschließlich der Entscheidung über die Zulassung von Personen, die nicht speziell eingeladen wurden.
Die Versammlung ist beschlussfähig, wenn mindestens ein Viertel der bekannten Gläubiger anwesend oder vertreten ist. Bei weniger als fünf Gläubigern reicht es, wenn die Anwesenden mindestens die Hälfte der bekannten Gläubiger repräsentieren. Beschlüsse werden mit absoluter Mehrheit der stimmenden Gläubiger gefasst, wobei der Vorsitzende bei Stimmengleichheit den Ausschlag gibt.
Redaktion: Was geschieht, wenn die Gläubigerversammlung nicht beschlussfähig ist?
RA Jens Reime: Artikel 236 regelt diesen Fall. Ist die Versammlung nicht beschlussfähig, stellt das Konkursamt dies fest und informiert die anwesenden Gläubiger über den Stand der Konkursmasse. Das Amt verwaltet dann die Masse bis zur nächsten Versammlung.
Redaktion: Welche Befugnisse hat die Gläubigerversammlung, insbesondere im Hinblick auf die Konkursverwaltung und den Gläubigerausschuss?
RA Jens Reime: Die Gläubigerversammlung hat erhebliche Befugnisse, die in Artikel 237 festgelegt sind. Wenn die Versammlung beschlussfähig ist, entscheidet sie, ob sie das Konkursamt oder selbst gewählte Personen mit der Verwaltung des Konkurses beauftragen will. Zudem kann die Versammlung einen Gläubigerausschuss aus ihrer Mitte wählen, der verschiedene Überwachungs- und Entscheidungsbefugnisse hat, wie die Überwachung der Konkursverwaltung und die Genehmigung wichtiger geschäftlicher Entscheidungen.
Redaktion: Kann die Gläubigerversammlung auch über dringende Angelegenheiten beschließen?
RA Jens Reime: Ja, Artikel 238 ermöglicht es der Gläubigerversammlung, über dringliche Fragen zu entscheiden, die keinen Aufschub dulden. Das umfasst Entscheidungen über die Fortsetzung des Gewerbes oder Handels des Schuldners, die Offenhaltung von Betriebsräumen, die Fortführung von Gerichtsverfahren oder die Durchführung von freihändigen Verkäufen.
Redaktion: Welche Möglichkeiten gibt es, gegen Beschlüsse der Gläubigerversammlung vorzugehen?
RA Jens Reime: Gemäß Artikel 239 kann gegen Beschlüsse der Gläubigerversammlung innerhalb von fünf Tagen bei der Aufsichtsbehörde Beschwerde eingelegt werden. Die Behörde entscheidet dann relativ schnell und kann das Konkursamt, den Beschwerdeführer und andere relevante Gläubiger anhören, um eine umfassende Entscheidung zu treffen.
Redaktion: Wären Sie bereit im Falle eines Konkurses der Swiss Gold Treuhand AG die Interessen der IG – Mitglieder im Gläubigerausschuss zu vertreten?
RA Jens Reime: Selbstverständlich. Im schweizerischen Konkursrecht kann die erste oder eine darauffolgende Gläubigerversammlung einen Gläubigerausschuss wählen. Mitglieder des Gläubigerausschusses sind in der Regel Gläubiger des Schuldners oder deren Vertreter. Das Hauptziel ist es, eine repräsentative Gruppe von Gläubigern zu bilden, die die Interessen der gesamten Gläubigergemeinschaft während des Konkursverfahrens vertreten. Die Auswahl der Mitglieder kann verschiedene Kriterien berücksichtigen, darunter die Größe der Forderungen, die Art der Gläubiger (z. B. gesicherte und ungesicherte Gläubiger), sowie die fachliche Expertise, die für die Überwachung der Konkursverwaltung und die Entscheidungsfindung im Konkursverfahren nützlich sein könnte.
Redaktion: Wie würden Sie als Gläubigerausschussmitglied bezahlt werden ?
RA Jens Reime: Der Gläubigerausschuss im schweizerischen Konkursrecht wird in der Regel aus der Konkursmasse bezahlt. Dies umfasst sowohl die Aufwandsentschädigungen als auch andere notwendige Auslagen, die den Mitgliedern des Ausschusses im Rahmen ihrer Tätigkeit entstehen. Die Bezahlung erfolgt auf der Grundlage, dass der Gläubigerausschuss wichtige Aufsichts- und Beratungsfunktionen im Konkursverfahren ausübt und somit zur effizienten Abwicklung und Maximierung der Gläubigerbefriedigung beiträgt.
Die Kosten für die Tätigkeit des Gläubigerausschusses werden als Verwaltungskosten des Konkurses behandelt.
Redaktion: Herr Reime, vielen Dank für Ihre Ausführungen und die klaren Einblicke in die Regelungen der Gläubigerversammlung und des Gläubigerausschusses im schweizerischen Konkursrecht.
RA Jens Reime: Gern geschehen.
Mit freundlichen Grüßen
Jens Reime
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Versicherungsrecht
Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht
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